Volker Herzog als Putzpoet

Herr Herzog, was macht eine gute Putzfassade aus?

Die Natürlichkeit des Materials und die gekonnte Verarbeitung. Moderne Leichtputze können sehr gleichmäßig aufgebracht werden und geben der Fassade ein einheitliches Bild. Kalkputze werden im Denkmalschutz gefordert, lassen sich nur ungleichmäßig aufbringen, verleihen dem Denkmal dadurch einen unvergleichlichen Charakter. Am schönsten wirken alte Fassaden, wenn der Putz nicht nur mit der Maschine, sondern teilweise auch von Hand aufgebracht werden.

 

Wie viel poetische Kraft steckt in einer guten Putzfassade?

Uralte verputzte Wände erzählen tatsächlich eine Geschichte. Manchmal sind es Einschusslöcher aus Kriegszeiten, die ausgebessert wurden oder man erkennt an der Putzstruktur, dass das Gebäude in wohlhabenden Zeiten aufgestockt wurde. Glück und Leid der Bewohner aus verschiedenen Jahrhunderten liegen auf einer Fassadenfläche nahe beieinander.

 

Was kann Putz, was ein anderes Fassadenmaterial nicht kann?

Putze werden seit Jahrtausenden auf Mauerwerk aufgebracht, verbinden sich zu einem monolithischen Wandsystem und überstehen Jahrhunderte. Putze kommen nie aus der Mode.

 

Was sind Ihre persönlichen Putz-Favoriten hinsichtlich Farbe und Struktur?

Mein Favorit sind Kalkputze mit einer glatten Struktur, die durchaus etwas ungleichmäßig, aber dafür lebendig wirken. Man erkennt, dass es sich um eine Jahrtausende alte Baukultur handelt.

 

Welche Botschaft zum Thema Putzfassade haben Sie für Architekten?

Alle sprechen von Nachhaltigkeit. Verputzte Ziegelwände halten Jahrhunderte und können eines Tages der Natur zurückgegeben werden.