Nikola Savić als Putzpoet

Was macht eine gute Putzfassade aus?
Wenn sich in der Putzgestaltung der Fassade die Möglichkeiten des Materials
widerspiegeln. Denn Putz ist vielfältigst einsetzbar: ob in der Varianz der Körnung, der Art des Anbringens, der Strukturierung durch Besen, Kelle, Prägung, Relief und vieles mehr. Darin liegt enormes gestalterisches Potenzial. Verbunden mit einer monolithischen Bauweise und der richtigen Farbgebung können relativ einfach umsetzbare Schmuckstücke entstehen. Voraussetzung ist natürlich eine gute Planung und eine Ausführung durch Handwerker, die ihr Fach beherrschen.

Wie viel poetische Kraft steckt in einer guten Putzfassade?
Das Schöne an Putz ist, dass die Poetik in vielerlei Hinsicht entstehen kann: als gewollte Intention des Architekten, durch seine gezielte Planung und schöpferische Kraft. Ebenso aber durch das individuelle Können des Handwerkers. Perfektion ist dabei nicht immer die alles entscheidende Kategorie. Denn auch im Imperfekten spiegelt sich der menschliche, handwerkliche Schaffensprozess wieder, welcher – aus meiner Sicht – bereits per se eine poetische Komponente inne hat. In beidem, also sowohl im bewussten Entwurf des Architekten, als auch in der situativen Umsetzung des Handwerkers kann sich die Poesie des Materials entfalten. Gerade im Vergleich zu Fassaden, die auf maschinelle Vorfertigung setzen und auf der Baustelle nur noch montiert werden müssen wird diese Dimension besonders greifbar.

Was kann Putz, was ein anderes Fassadenmaterial nicht kann?
Hier sehe ich die enormen Gestaltungsmöglichkeiten als herausstechendes Merkmal. Der gleiche Handwerker, kann auf der gleichen Baustelle mit mehr oder weniger einfachsten Mitteln unterschiedlichste Erscheinungsformen schaffen. Von verschiedensten Putzkörnungen bis hin zu glatten Flächen, von verschiedensten
Oberflächenstrukturen und Mustern bis hin zu Stuckverzierungen. Dazu noch verschiedene Möglichkeiten der Farbgebung. Und das in einem sehr nachvollziehbaren und guten Verhältnis von Aufwand und Nutzen. Das alles erlaubt eine enorme Bandbreite an Gestaltungsvarianten, die kein anderes Material in dieser Weise bietet.

Was sind Ihre persönlichen Putz-Favoriten hinsichtlich Farbe und Struktur?
Da ich von den vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten des Putzes an sich begeistert bin, fällt es mir schwer hier ein konkretes Beispiel zu nennen. Grundsätzlich aber mag ich ruhige und wohl aufeinander abgestimmte Putzfassaden, die mit klassischen Themen wie glatten Faschen und raueren Wandputzen arbeiten.

Welche Botschaft zum Thema Putzfassade haben Sie für Architekten?
Gerade aufgrund seiner langen Tradition ist Putz in vielerlei Hinsicht ein absolut zeitgemäßes und auch zukunftsträchtiges Fassadenmaterial, welches nicht nur als günstige Standardumsetzung betrachtet werden sollte.
Auf seine vielfältigen Möglichkeiten in Strukturgestaltung und Farbigkeit sollte ein viel größeres Augenmerk gelegt werden. Auch in Verbindung mit dem Thema Nachhaltigkeit und Ökologie, können Putze punkten, vor allem wenn sie aus Kalk oder Lehm bestehen und in Verbindung mit einer monolithischen Ziegelbauweise eingesetzt werden.